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03.09.2012

Interview mit Ralf Kemper: „Eine Handlung und der Wille …“

Interview mit Ralf Kemper: „Eine Handlung und der Wille …“

Sein Endzeit-Thriller „Toxic Lullaby“ weckte das erste Mal unsere Aufmerksamkeit. Im Interview mit Horrormagazin.de spricht Ralf Kemper über Trash, Musik und seine aktuellen Projekte.

Horrormagazin.de: Ralf, erzähle uns zunächst über Deine aktuellen Projekte. Was gibt es Neues?

Ralf: Ich stecke momentan tief in einer Produktion, die ich zusammen mit der Schauspielschule Kassel produziere. „Damned on Earth“ heißt das Ganze und ist eine Fantasy-Trash-Komödie, der nichts heilig ist. Wir haben uns ein eigenes Universum von Gut und Böse geschaffen und veranstalten ein Heidenchaos.
Das Projekt ist so zeitaufwendig, dass alles andere erst mal zurückstehen muss.

Horrormagazin.de: Was bleibt stattdessen auf der Strecke?

Ralf: Ich habe zum Beispiel eine Vertriebsanfrage für „Toxic Lullaby“ aus England bekommen und schaffe es einfach nicht, das Ganze dingfest zu machen. Dann ist es bei mir auch so, dass ich momentan aus Zeitgründen keine Jobs annehmen kann und das bedeutet Geldmangel. Zum Glück haben wir für „Damned on Earth“ einige Sponsoren.

Horrormagazin.de: In „Damned on Earth“ geht es um Himmel und Hölle beziehungsweise um Gott und Satan. Bis du gläubig?

Ralf: Nein, bin ich nicht. Sonst könnte ich das aktuelle Projekt nicht durchziehen und hätte erst gar nicht angefangen es zu schrieben.

Horrormagazin.de: Was war deine Inspiration?

Ralf: Uns haben dabei Filme, wie „Dogma“ und „Das Leben des Brian“ inspiriert und jeder Engel und Teufel bekommt bei „Damned on Earth“ sein Fett weg. Im Grunde haben unsere Charaktere außer den Namen nichts mit der Bibel oder Religion gemein. Uns geht es auch darum, Schwarz und Weiß miteinander zu vermischen. Das Resultat sind schöne Graustufen, die, gewürzt mit einer fetten Brise schwarzem Humor, sehr viel Spaß machen.

Horrormagazin.de: Wann gibt es den Film zu sehen?

Ralf: Es wird noch eine Weile dauern, da wir erst etwas über die Hälfte abgedreht haben. Ich vermute mal Sommer/Herbst 2013, aber darauf wetten würde ich nicht. Wir können dabei auch noch jede Menge Unterstützung gebrauchen. Zum Beispiel in den Bereichen: Finanzierung, VFX, Marketing und Vertrieb. Oder einfach nur „Gefällt mir“ bei http://www.facebook.com/DamnedOnEarth klicken.

Horrormagazin.de: Wie viele Personen arbeiten denn jetzt schon mit?

Ralf: Wir sind ein Stab von knapp 30 Leuten, die alle ohne Gage arbeiten. Dazu kommen über 40 Schauspieler und mehr als 100 Komparsen.

Horrormagazin.de: „Damned on Earth“ ist nicht dein Filmdebüt. Bereits „Toxic Lullaby“ war 2009 dein erster Endzeitfilm. Wie kommen dir die Ideen zu den Filmen?

Ralf: Meine Bücher schreibe ich aus dem Bauch heraus. Sicher beeinflussen mich dabei viele äußere Umstände. Das kann ein Film oder einfach nur ein Gewitter, ein heißer Sommertag oder ein altes verlassenes Haus sein. Beide Bücher habe ich jedenfalls lange liegen lassen, bis sie dann letztendlich, nach vielen Überarbeitungen, als projektfähig durchgegangen sind.

Horrormagazin.de: Wird es eine Fortsetzung zu „Toxic Lullaby“ geben?

Ralf: Oh ja, da hätte ich große Lust drauf und das Drehbuch ist tatsächlich schon geschrieben. Aber es hängt am Geld.

Horrormagazin.de: Es heißt ja so schön: „Ohne Moos nix los“ – Wie finanzierst du deine Filme?

Ralf: Meine früheren Filme habe ich alle selbst finanziert. Bei „Toxic Lullaby“ hatte ich einen Co-Produzenten. Die Kosten meiner Filme sind geradezu lächerlich, wenn man bedenkt welche Summen in anderen Ländern für Independent-Filme zur Verfügung stehen. Ich kann nur immer wieder den Hut vor meinen Helfern ziehen. Ohne deren Herzblut wäre Filmemachen für mich gar nicht möglich. Deshalb versuche ich auch immer das WIR groß zu schreiben. Filmemachen ist Teamarbeit und mit einem tollen Team kann man einiges an fehlendem Geld wettmachen. Trotzdem wünsche ich mir, dass es in Zukunft mehr Vörderungen für Independentprojekte gibt. Es gibt da so viele tolle Talente die unsere Privatsender mit ihren Eigenproduktionen so was von in den Schatten stellen, dass es unverzeihlich wäre, diese Art des kulturellen Schaffens weiterhin unbeachtet zu lassen.

Horrormagazin.de: Warum sind Zombies so populär?

Ralf: Das ist eine gute Frage. Ich kann mich sehr gut an die Jahre um „Dawn of the Dead“ und „Day of the Dead“ von Romero erinnern. Damals durfte man fast nicht sagen, dass einem die Filme gefallen. Das sind übrigens mit Abstand immer noch meine Lieblinge unter den Zombie-Filme. Heute, nach dem Erfolg von „The Walking Dead“ scheuen sich selbst die TV-Sender nicht mehr einen Zombie-Film zu zeigen. Das ist schon ein klein wenig schade, denn so wird das Thema ausgebeutet und wirklich gute Filme kommen meines Erachtens dabei nicht mehr raus. Selbst die neueren Romero`s sind etwas fad. Popularität ist nicht immer gut.

Horrormagazin.de: Was war deine erste Begegnung mit einem Zombie?

Ralf: 1978 der Film „Dawn of the Dead“ von George A. Romero

Horrormagazin.de: Vom Spielfilm zum Kurzfilm. Musikvideos machst Du ja auch.

Ralf: Jedes Mal wenn ich einen Song höre, der mir gefällt, habe ich Bilder vor den Augen. Die Umsetzung dieser Bilder ist natürlich immer eine Sache des Budgets, aber es macht riesig Spaß.

Horrormagazin.de: Ich weiß, dass du früher Musiker warst. Was für Musik habt ihr gespielt?

Die Schnitter im Jahr 2002, Ralf Kemper 2.v.r. (Foto: Ralf Kemper)

Die Schnitter im Jahr 2002, Ralf Kemper 2.v.r. (Foto: Ralf Kemper)

Ralf: Ich war und bin Sänger und Komponist der alternativen Folk-Rock-Band „Die Schnitter“. Wir haben neben Eigenkompositionen viele alte Lieder und Gedichte neu interpretiert Beispielsweise Heinrich Heines „Die Weber“, Schillers „Die Räuber“ und Mühsams „Mein Gefängnis“. Als Musikinstrumente kommen dabei Geige und Bratgitarre zum Einsatz.

Horrormagazin.de: Und warum hast du zwischendurch aufgehört?

Ralf: Nach 10 Jahren, 5 CDs und über 500 Konzerten war es einfach mal Zeit was anderes zu machen. Wenn wir uns jetzt als Band treffen, oder sogar Proben und über die vielen Konzerte nachdenken, macht das wieder richtig Spaß. Aus Zeitgründen sind aber leider keine neuen Konzerte geplant. Aber wer weiß, vielleicht packt es uns ja irgendwann wieder. Vielleicht wenn die Kinder groß und aus dem Haus sind.

Horrormagazin.de: Du bist sehr engagiert und veranstaltest zudem noch das „Phantastische Trashfilm Festival“ in Kassel. Was hat dich dazu bewegt und wie ist die Resonanz?

Ralf: Zum Filmfestival kam ich über ein eigenes Projekt. Das heißt „Moving“, ist ein Kurzfilm und eine erste Umsetzung meiner „Toxic Lullaby“ Idee. Um „Moving“ ein entsprechendes Forum zu geben, habe ich mich damals entschlossen ein kleines Filmfestival zu organisieren. Mit 24 Gästen haben wir
angefangen und dieses Jahr waren es über 300.

Horrormagazin.de: Was unterscheidet guten Trash von schlechtem?

Ralf: Für mich gibt es da eigentlich keinen Unterschied. Eine Handlung und der Wille einen Film machen zu wollen reichen völlig aus, um gezeigt zu werden. Was ich prinzipiell ablehne sind Handyfilmchen.

Horrormagazin.de: Hast du den ultimativen Trash-Tipp für uns?

Ralf: Klar „Überfall der Mörderrucksäcke“. Nein, im Ernst, es gibt so viele begabte Filmemacher, die ohne Budget und viel Herzblut tolle Filme machen, dass ich da keine echten Empfehlungen habe. Aber die Publikumsgewinner der vergangenen Jahre sind auf jeden Fall einen Blick wert.

Horrormagazin.de: Wie bekommst Du das alles unter einen Hut? Filmemacher, Drehbuchschreiber, Veranstalter und Familienvater?

Ralf: Das ist zwar nicht immer einfach, aber in der richtigen Reihenfolge zu schaffen. Egal was gerade anliegt, als erstes kommen immer meine Kinder und die Familie. Und das gibt mir dann die Kraft und Muse für den Rest.

Horrormagazin.de: Gibt es eine Geschichte, die Du unbedingt mal verfilmen willst?

Ralf: Einen Science-Fiction-Film würde ich am liebsten Gestern statt Heute anfangen. Ein fertiges Skript liegt auch schon bereit, aber wie immer fehlt das nötige Kleingeld. Kommt Zeit, kommt Geld, oder so.

Fotos: Horrormagazin.de / Ralf Kemper
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Über den Autor Ash Williams

Vor Jahren hat er sich noch vor Horrorfilmen gegruselt. Naja, vielleicht so ein bisschen. Jetzt schaut er sie jedenfalls mit ganz anderen Augen. Je länger er sich mit diesen Filmen auseinander setzte, desto mehr faszinierten sie ihn.
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